Ein ganz ganz besonderer Sonntag. Sonntags gehen die Inselbewohner in die Kirche. Kirchen eigentlich, es gibt sehr viele Kirchen auf der Insel, die Leute hier sind streng gläubig (christlich katholisch) seit Anfang des 19. Jahrhunderts ein Missionar auf die Insel kam. (Polynesischen Stämme hatten Rarotonga schon lange vor unserer Zeitrechnung besiedelt, immer wieder kamen Seefahrer, Kolonisten, Meuterer und Einwanderer, lange herrschten und bekriegten sich die verschiedenen Tribes auf der Insel. Und, was ich sehr bemerkenswert finde: als die Missionare kamen, sagten sie "den Wilden", sie sollen nicht mehr nackt rumlaufen und sich was anziehen. Heute ist es anders rum: die Touristen sind die, die heute für den Geschmack der Einheimischen zu nackt sind, oben ohne Sonnenbaden ist verboten hier, auch sonst wird auf angemessene Bekleidung Wert gelegt!)
Die Kirchen heißen alle CICC - Cook Islands Christian Church, in der CICC Nikao Kanaana war ich. Besucher sind herzlich willkommen. Für mich war es ein Besuch, den ich nie vergessen werde.
Die Männer kommen in Anzügen (und FlipFlops), die Frauen in den feinsten Sonntagskleidern mit Hüten und Blumenkränzen auf dem Kopf.
Ohne genau zu wissen was mich erwartet (aber mt langem Kleid und bedeckten Schultern), ging ich also auch hin, ich habe mir einen Platz in den hinteren Reihen gesucht. In der Männerecke, wie sich rausstellte, offensichtlich gibt es eine Sitzordnung. (Und ich glaube, die ist nach Singstimmen aufgeteilt.) War aber kein Problem, alle, die in die Kirche kamen, haben die schon Anwesenden um ihren Platz rum per Handschlag begrüßt, auch mich. Ich war früh dran, mitten in der Kirche saß ein Mann am Keyboard und hat leise und sanft gespielt. Sofort war ich in einer ganz besonderen Stimmung, die Kirche füllte sich langsam, alles schien so friedlich. Ohne dazu zu gehören, habe ich mich trotzdem willkommen gefühlt und war sehr gespannt, was kommen würde.
Ab und zu sind Männer aufgestanden und haben etwas gesagt. Was, weiß ich nicht. Sie haben Maori gesprochen. Es klang nach Fürbitten oder etwas in der Art, Danksagungen, Wünsche, laute Gebete. Um 10 Uhr gings dann los. Kinder, Jugendgruppen sind mit Fahnen in die Kirche eingelaufen und der Priester begrüßte die Gemeinde.
Die Kinder und Jugendlichen haben dabei seltsam anmutende Uniformen an, teils wie Pfadfinder, sie sehen aus wie aus der Zeit gefallen und trotzdem wirkt es so selbstverständlich.
Der Gottesdienst ist auf Maori. Ich habe also kein Wort verstanden - und trotzdem eine Stunde lang geheult. Bald haben sie nämlich das erste Lied angestimmt und es war, als würde die Kirche beben. Als ob das Dach gleich wegfliegt. Ich sag's euch, die können singen!!! Jeder Einzelne (außer mir) hat voller Inbrunst laut und kräftig gesungen und mit dem ersten Ton sind mir die Tränen aus den Augen geschossen.
Sowas habe ich wirklich noch nie erlebt und konnte es kaum fassen. Kein Vergleich zu unseren Gottesdiensten, wenn es kalt, düster und alles irgendwie beklemmt und beklemmend ist. Wenn die Leute schüchtern flüstern beim Singen oder, so wie ich, zugegebenermaßen, scheu die Lippen bewegen und hoffen, dass jemand anders singt. Es war laut, es war bunt, fröhlich, es war einfach eine Wonne!
Es wurde mehrstimmig gesungen, hinten links saßen die Männer mit den tiefen, kräftigen Stimmen, die Frauen weiter vorne. Leider habe ich keine Ahnung von Singen und Choraufteilung und so, aber genau so muss es gehören. Wenn ich es schaffe, binde ich hier bald ein Video ein, damit ihr eine ungefähre Vorstellung von dem außergewöhnlichen Wahnsinn habt, den ich erleben durfte an diesem Sonntag auf Rarotonga.
Es war wirklich einer der bewegendsten Momente für mich. So ungezwungen, leidenschaftlich, ergreifend und... und... mir fehlen die Worte. Immer wieder musste ich aus der Hüfte eine Videoaufnahme starten, damit ich weiß, dass das auch wirklich passiert ist.
Daran werde ich sicher öfter zurückdenken. Sonntagabends um 10, wenn in der Südsee gerade Sonntagmorgen ist, werde ich daran denken, was gerade in den CICCs auf Rarotonga passiert und mich aus der Ferne mitfreuen.
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